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Die NHL ist endlich in Deutschland. Das ist toll. Aber bald ist sie ganz weg. Und das ist schade! Denn wenn die Buffalo Sabres und die Los Angeles Kings nach ihrem Saisoneröffnungsspiel am Samstag wieder in die Staaten fliegen, ist die NHL weg! Und zwar auch vom Fernseher. Denn nach wie vor gibt es keinen TV-Vertrag für Europa. Über Facebook fragte heute ein Fan, warum denn die NHL ihre Teams nach Deutschland schicke, um das Spiel zu promoten, aber es dann keinen TV-Vertrag gebe. Eine gute Frage!
Der Hintergrund ist Folgender: Die NHL hat im Sommer die Rechte an das Joint Venture der beiden Rechtehändler Medge Consulting und Advisers Media International verkauft. ESPN America, das bisher die Spiele gegen Bezahlung zeigte, hat seine Rechte verloren. Medge/AMI sollen die Europaaktivitäten der NHL ausbauen und möglichst für regionales Interesse sorgen. Das wurde aber bisher nicht erreicht. Gerüchteweise sollen nun in Skandinavien ab sofort wöchentlich drei Live-Spiele zu empfangen sein. Eine offizielle Meldung dazu gibt es nicht.
Die Fans gehen bereits seit langem auf die Barrikaden. Auf Facebook gibt es eine eigene Seite mit mehr als 700 Fans, die sich beinahe minütlich über die Situation beschweren. Bei uns in der Redaktion gehen täglich viele, viele Mails und Anrufe ratloser Fans ein, die nicht wissen, was sie nun tun sollen. Medge/AMI weiß das offenbar auch nicht: Von dort heißt es nur, man solle das Ganze weiter verfolgen. Informationen gebe es zur gegebenen Zeit. Dass am Donnerstagabend die Saison beginnt, interessiert offenbar niemanden.
ESPN America soll noch in die Verhandlungen involviert sein. Eine Stellungnahme dazu gibt es aber nicht. Medge/AMI versucht, sehr regional an die Sache heranzugehen. Das heißt: Wer in Deutschland lebt, ist nach Meinung des Joint Ventures besonders an Spielen der Boston Bruins (Dennis Seidenberg), Buffalo Sabres (Christian Ehrhoff) oder Marco Sturm (Vancouver Canucks) interessiert, der Fan in Tschechien beispielsweise an Spielen den Philadelphia Flyers (Jaromir Jagr). Ob das immer der Fall ist, darf bezweifelt werden. Europäische NHL-Fans sind meist Fans der ganzen Liga und wollen nicht nur ein Team sehen.
Was bleibt nun dem Fan? Da wären die kostenlosen aber oft qualitativ schlechten und zudem noch illegalen Internetstreams, die man sich mühsam zusammensuchen muss. Oder man abonniert das Gamecenter Live von der NHL, das es nun erstmals auch in Europa gibt - offenbar von der NHL freigeschaltet, weil Medge/AMI in den Verhandlungen stockt. Für 159 Dollar im Saisonabonnement (aktuell knapp 119 Euro) kann der Fan pro Woche bis zu 40 Live-Spiele im Stream ansehen oder aber zeitversetzt, wann immer er will. Highlights der vergangenen Jahre sind dabei ebenso verfügbar wie Highlights oder Pause-Funktionen. Eine gute Option für denjenigen, der über entsprechend schnelles Internet verfügt oder technisch in der Lage ist, mittels TV-Karte das Spektakel auf seinen Bildschirm zu legen. Die Qualität ist nach Meinung von Testern jedenfalls hervorragend.
Aus Tschechien wurde heute vom Sender Programmleiter von Nova Sport, Marek Kindernay, verlautet: "Wir sind auf einem guten Weg, eine Lizenz zu bekommen, aber schnell wird das nicht gehen." Jaromir Jagr gibts also erstmal nicht im Fernsehen zu sehen. Auch Dennis Seidenberg und die Banner-Zeremonie in Boston versäumen die Fans in Europa. Wann es eine Einigung gibt, welche(r) Sender die Spiele zeigen - all das, ist derzeit unbekannt. Die Fan-Basis in Europa wird dadurch sicher nicht größer. Da hilft auch ein Spiel Los Angeles gegen Buffalo in Berlin nicht. Das gibt es ja auch nicht im Fernsehen zu sehen.
Michael Bauer