Alexander Brandt-Memet
Ich gestehe, dass ich vor einigen Jahren den einen oder anderen Punkt in Flensburg gesammelt habe, weil ich auf den Wegen von und zu Eishockeyspielen zu schnell fuhr. Die Raserei habe ich mir längst abgewöhnt, kostet nur Geld und Nerven.
Praktisch an der Flensburger Sünderkartei finde ich, dass jeder genau ablesen kann, für welchen Regelverstoß es die festgelegte Anzahl von Punkten gibt. In der DEL ist das leider alles sehr schwammig geregelt, da weiß niemand so genau Bescheid. Zum Beispiel zwischen Charly Fliegauf und den Hamburg Freezers, von der DEL-Zentrale ganz zu schweigen.
Benedikt Schopper wurde wegen eines Checks gegen den Kopf von Christoph Schubert für fünf Spiele gesperrt und Fliegauf vermutete hinter der Strafe das Ergebnis einer DEL-Karnevalssitzung. Dabei zählt er doch sonst eher zu den gemäßigten Vertretern seiner Zunft. Da Schubert eine Schädelprellung erlitt und das Thema "Kopfverletzungen" derzeit überall im Welteishockey ziemlich heikel ist, scheint die Strafe angemessen zu sein.
Allerdings kann man sich schon darüber wundern, dass Paul Traynor für einen Kopfstoß nur ein Spiel Sperre bekam. Falls Traynor mit Absicht seinen Kopf als Waffe einsetzte, ist die Differenz zur Schopper-Sperre seltsam groß. Wenn man sich dann noch zu Gemüte führt, dass Patrick Reimer für eine obszöne Geste zwei Spiele Sperre bekam, kann man Flieg-aufs Aussage fast schon ein wenig nachvollziehen. Eine Geste ist nach DEL-Ansicht also doppelt so schlimm wie ein Kopfstoß. Das ist ungefähr so, als würde man in Flensburg für einen Mittelfinger mehr Punkte bekommen, als wenn man jemanden mit Absicht umfährt.
Was will uns die Liga damit sagen? Ist die Verletzung der sensiblen Spieler-Seelen doppelt so schlimm wie ein Angriff auf ihre physische Gesundheit? So viel Spiritualität hätte ich der sonst eher von gefühlsarmen Juristen geprägten Liga gar nicht zugetraut! Respekt! Ich finde, man sollte jetzt auch den nächsten Schritt gehen und Heimspielsperren gegen jene Clubs aussprechen, deren Fans die jeweiligen Gegner verbal attackieren. Ein derartiges Verhalten ist schließlich respektlos und unhöflich.
Gruß vom Eis-Knigge
Alexander Brandt-Memet
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Die Kolumne von Alexander Brandt-Memet erscheint jede Woche in Eishockey NEWS und ist jeweils ab Donnerstag auf www.eishockeynews.de nachzulesen.