Foto: Bauer
Die Szene hatte etwas aus einem Western. Heftiger kalter Wind weht um den Globen und das Trainingszentrum Hovet. Der Unterschied: Bei einem Western würde nun ein abgerissener Busch vorbeiwehen und das Lied vom Tod gespielt werden.
Vor dem Globen sind es vor dem Spiel der deutschen Mannschaft an diesem Sonntagabend nur Papierfetzen, die der Wind vor sich hertreibt. Der Platz vor den Werbeständen ist leer, der Würstchen-Mann grillt einsam vor sich hin und auf der Bühne vor dem Stadion dudelt Disko-Musik aus dem Lautsprecher. Die Band vom Vortag ist verschwunden. Niemand tanzt hier, niemand lacht hier.
Vereinzelt sieht man deutsche und lettische Fans skeptischen Blickes umherwandern. Sie ziehen die Augenbrauen hoch, wenn sie die Preise für Essen und Fanartikel sehen. 200 Kronen für den Plüsch-Hockeybird (25 Euro), 69 für einen Puck (fast neun Euro), 40 für eine Wurst (5 Euro).
"Hier kommt keine WM-Stimmung auf", erzählt Peter Saller aus Straubing. Für den ehemalige Fanbeauftragten der Straubing Tigers ist es die achte WM - und die bisher schlechteste. "Die Organisatoren tun überhaupt nichts dafür, dass hier Stimmung aufkommt. Wenn ich da an Bratislava denke - das war ganz anders. Ich dachte, das hier wäre ein Eishockey-Land. Stockholm ist schön, aber die WM findet nur 100 Meter um den Globen statt."
Emotionslos, euphorielos, lieblos - so bezeichnen die WM 2012 in Stockholm die deutschen Fans. Der harte Kern ist wieder hier, ein paar Hundert vielleicht. Aus Düsseldorf, Straubing, Rosenheim, Kaufbeuren, Weißwasser, Essen usw. Vor dem Spiel waren sie in einer Kneipe, das hat Tradition bei Weltmeisterschaften. Immer vor dem zweiten Spiel trifft man sich. Auch da das große Thema: Keine Stimmung in Stockholm.
"Mehr Emotionen und mehr WM-Feeling", wünschen sich nicht nur die Straubinger Fans. Sie hoffen auf Helsinki im kommenden Jahr. Denn dann findet die WM erneut in den beiden Städten statt. "Vielleicht spielen wir ja dann in Helsinki. Da ist das Eishockey-Feeling höher."
Immerhin kommt abends beim Spiel etwas Stimmung auf. Dafür sorgen beide Fan-Lager. Die Restaurants um den Globen hatten vorher ihre Hinweistafeln schon auf Kyrillisch umgestellt. Auch sie bekommen zu spüren, dass nicht viel los ist, und nehmen das Geschäft mit. Bitter: Neben dem Globen liegt das Fußball-Stadion des Zweitligisten Hammarby. Zu dem Spiel gegen Aufsteiger Varberg kommen mehr als 10.000 Fans. "Wir wurden in der Innenstadt gefragt, warum wir Eishockey-Trikots tragen", sagt der Straubinger Klaus Liebl - und schüttelt den Kopf.
Michael Bauer