Blueliner Andrew Ference (vorne) von den Boston Bruins wird in der nächsten Woche in Budweis erwartet
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"Die Extraliga hat einen gewaltigen Aufschwung, und die Spieler, die jetzt von Übersee hierher kommen, sorgen für mächtig Alarm. Hier in Tschechien rührt sich richtig was." Treffender konnte Peter Draisaitl, der deutsche Trainer des HC Mountfield Budweis, den gegenwärtigen Hype um die NHL-Spieler, die wegen des Lookouts jetzt in der Extraliga spielen, kaum beschreiben. Und Draisaitl hatte dabei gewiss zuerst die Ritter aus Kladno im Auge, die die Liga derzeit mit ihrem kompletten NHL-Block förmlich aufmischen. Im Top-Spiel des 8. Spieltags feierte das Team von Clubeigner und Superstar Jaromir Jagr am Mittwoch mit dem 3:1 über Trinec bereits den sechsten Sieg in Folge und kletterte damit erstmals an die Tabellenspitze! Den Löwenanteil an diesem Höhenflug hat sicher die erste Sturmreihe mit Jaromir Jagr (40, Dallas), Tomas Plekanec (29, Montreal) und Jiri Tlusty (24, Carolina), die in sieben Begegnungen insgesamt 36 Scorerpunkte erzielte. Nicht minder wichtig aber sind die beiden spielstarken Verteidiger Marek Zidlicky (35, New Jersey) und Tomas Kaberle (34, Montreal), die besonders das Powerplay forcieren.
Das ritterliche Beispiel soll womöglich schon bald Nachahmer finden. "In Kladno spielen sie jetzt hervorragendes Eishockey. Das zeigt uns den Weg", unterstreicht der Sportmanager von Budweis, Petr Sailer. Und Sailer verrät, dass der Verpflichtung des zweifachen Weltmeisters Radek Martinek (36, bis Saisonende 2011/12 Columbus, danach ohne Vertrag) schon bald weitere NHL-Cracks folgen sollen. Schon für nächste Woche wird Blueliner und Stanley-Cup-Sieger Andrew Ference (Boston) erwartet. Ebenfalls bereits in der Warteschleife stehen Martin Hanzal (Phoenix) und Vaclav Prospal (Columbus). Schon Ende dieser Woche stößt Angreifer Ladislav Kohn (37, letzte Saison Ambri-Piotta), der auch über NHL-Erfahrungen verfügt, zum Team. Beim letzten Lookout in der Saison 2004/05 hatte Budweis mit sechs NHL-Spielern den Aufstieg von der zweiten Liga in die Extraliga geschafft.
Den 17 Spielern aus der NHL, die gegenwärtig in Tschechien spielen, werden also schon bald weitere folgen. Dazu gehört noch ein weiterer "Bär" aus Boston: Center David Krejci. Der 26-jährige tschechische Nationalspieler soll schon am Sonntag für den Meister aus Pardubice auflaufen. Und Vereine, die von ihren ehemaligen Spielern aus der NHL (bisher) einen Korb erhalten haben, versuchen es mit ausländischen Importen. Wie der HC Skoda Pilsen, der den finnischen Goalie Tuukka Rask (25, Boston) unter Vertrag genommen hat. In seinen ersten zwei Spielen für Pilsen hat der Stanley-Cup-Sieger bereits vier Punkte für die Westböhmen festgehalten.
Nicht gut läuft es bisher hingegen für die beiden anderen NHL-Torhüter in der Liga. Weder Ondrej Pavelec (25, Winnipeg) noch Michal Neuvirth (24, Washington) konnten mit ihren neuen Teams Liberec bzw. Sparta Prag einen Sieg einfahren. Nach sechs Niederlagen in Folge zog man beim Schlusslicht aus Prag daher nun die Reißleine: Für Sparta-Ikone Richard Zemlicka, der in dieser Saison sein Debüt als Chefcoach gab, übernimmt nun der erfahrene Vaclav Sykora (war u.a. Meister mit Sparta und Pardubice sowie Trainer in St. Petersburg) das Ruder.
Lothar Martin