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Montag, 10. Juni 2013

Ex-Oilers-Coach braucht Zeit, Entlassung via Skype zu verdauen Krueger: "Ich werde mich aktiv nicht um einen Job in der NHL bemühen"

Ralph Krueger
Foto: Steffen Oldörp

Nach nur einer Saison, die aufgrund des Lockouts auch noch kürzer war als normal, ist die Zeit von Ralph Krueger als Head Coach in der NHL schon wieder zu Ende. Im Interview mit dem Schweizer Journalisten Klaus Zaugg spricht er über seine ungewöhnliche Entlassung via Skype, seine Gefühle und seine weitere Planung - und auch darüber, wie es dazu kam, dass die Oilers statt nach einem Associate Coach, der ihn unterstützen sollte, nun nach einem Nachfolger gesucht haben.

Herr Krueger, Sie sind zum ersten Mal in Ihrer Karriere gefeuert worden. Ich nehme an, Sie sind im Stolz verletzt?

Ralph Krueger: "Es schmerzt und ich brauche noch einige Tage, um die Entlassung zu verarbeiten. Aber ich habe keine bitteren Gefühle. Ich war drei Jahre bei den Edmonton Oilers und ich möchte nicht eine Minute dieser Zeit missen. Ich muss jetzt einfach loslassen."

Warum sind Sie gefeuert worden?
Ralph Krueger: "Ich muss diese Entlassung nicht verstehen und es bringt nichts, wenn ich mir darüber den Kopf zerbreche. Ich muss meine Entlassung einfach akzeptieren. So ist das Geschäft."

Aber es gibt ja schon hockeytechnische Gründe?
Ralph Krueger: "Wir standen nach 36 von 48 Spielen auf einem Playoff-Platz. Aber dann haben wir dreimal hintereinander verloren und die Playoffs verspielt. Wir waren in der Schlussphase zum Playoff-Anwärter geworden und unsere Gegner nahmen uns entsprechend ernst. Wir hätten noch besser werden müssen. Das gelang uns nicht. In drei Spielen hat sich alles verändert. Aus einer Supersaison, aus der besten Saison seit vielen Jahren, ist eine weitere Enttäuschung geworden."

Spielte bei Ihrem Scheitern in Edmonton die Entlassung von General Manager Steve Tambellini eine Rolle? Sie waren sein Mann. Nun holt eben der neue General Manager Craig MacTavish seinen Mann.
Ralph Krueger: "Der Wechsel des General Managers hat sicherlich eine Rolle gespielt. Der General Manager umgibt sich mit den Männern seines Vertrauens. Das ist so üblich. Aber wie ich schon gesagt habe: Ich muss meine Entlassung nicht verstehen. Ich muss sie bloß akzeptieren. Es ist wohl eine Erfahrung, die jeder n diesem Geschäft machen muss. Ich habe ein Sommerhaus an einem flachen See mit vielen Felsen und wir sagen zum Spaß: Es gibt nur zwei Bootskapitäne: Solche, die schon auf einen Felsen gelaufen sind und solche, die es noch nicht sind. So ähnlich ist das mit einem Hockeycoach."

Sie halten sich in der Schweiz auf. Sind Sie am Telefon gefeuert worden?
Ralph Krueger: "Ja. Craig MacTavish hat mich per Skype entlassen. Ich habe ihn gebeten, mir 24 Stunden Zeit zu geben um meine Mitarbeiter und meine Familie informieren zu können. Daran hat er sich gehalten."

Aber es tut schon weh, so unverhofft zum ersten Mal in 24 Jahren gefeuert zu werden?
Ralph Krueger: "Es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich entlassen worden bin. Ja natürlich tut es weh und ich brauche Zeit, um das alles zu verarbeiten. Aber wie ich schon sagte: Bittere Gefühle habe ich keine. Solche unverhoffte Wendungen gehören zum Sportgeschäft. Wer die Hitze in der Küche nicht erträgt, sollte die Küche meiden. Es gibt ja auch Wendungen in positiver Richtung. Ich habe mich ja auch nicht beklagt, dass beispielsweise 1998 ein einziges Spiel - das 4:2 gegen die Russen - uns das WM-Halbfinale gebracht und dem ganzen Schweizer Eishockey eine neue Richtung gegeben hat."

Als Nationaltrainer haben Sie gespürt, dass die Chemie mit dem Verbandspräsidenten nicht mehr stimmt und Sie sind nach dem Olympischen Turnier von 2010 vorzeitig zurückgetreten. Gab es denn jetzt in Edmonton keine Anzeichen für die Entlassung? Sie waren ja mit Craig MacTavish noch bei der WM in Stockholm.
Ralph Krueger: "Ich war mit ihm in Helsinki und Stockholm. Wir waren acht oder neun Tage gemeinsam unterwegs. Es hat kein Anzeichen für eine Entlassung gegeben."

Aber das kann ja fast nicht sein. Sie haben eine so feine Witterung für die Mitmenschen.
Ralph Krueger: "Nein, es gab keine Anzeichen. Wenn Sie so wollen bin ich wohl ein wenig ein Opfer meiner Führungsphilosophie geworden: Die offene Kritik, das offene Gespräch mit meinen Mitarbeitern gehört zu meinem Führungsstil. Deshalb war es für mich ganz normal, dass Craig MacTavish die Saison mit mir kritisch analysiert hat. Darin habe ich keine Gefahr für meinen Job gesehen."

Er hatte in den letzten Wochen einen Assistenten für Sie gesucht und hat nun Ihren Nachfolger gefunden.

Ralph Krueger: "Es war meine Idee, wieder einen Assistenten ("associate coach") zu engagieren. Ich habe diese Saison auf einen Assistenten verzichtet und alles selbst gemacht. Wir hatten wegen des Lockouts keine Vorbereitung, ich habe vieles geändert und so entschied ich, alles selber zu machen. Ich habe jeden Tag zwölf Stunden gearbeitet und es hat riesig Spaß gemacht. Aber es war von allem Anfang an klar, dass ich diese Belastung nicht eine ganze normale Saison mit mehr als 80 Spielen tragen kann. Deshalb habe ich vorgeschlagen, wieder einen Associate Coach zu engagieren."

Haben Sie dabei auch Ihren Nachfolger Dallas Eakins ins Spiel gebracht?
Ralph Krueger: "Sein Name war auch auf dem Tisch. Ich kenne ihn aber nicht."

Wie geht es jetzt weiter? Ihr Vertrag läuft noch zwei Jahre. In der NHL werden Verträge respektiert, aber nicht ausbezahlt. Das bedeutet, dass Sie voraussichtlich zwei Jahre Ferien genießen können.
Ralph Krueger: "Um die Modalitäten der Entlassung kümmert sich mein Anwalt. Das ist kein Problem. Wie es weiter geht, ist offen. Ich habe nun sicher Zeit, um meinen Sohn Justin beim SC Bern spielen zu sehen."

Sie können aber nicht ohne Herausforderung sein.
Ralph Krueger: Das ist richtig. Ich werde nach meinen Sommerferien wohl erst einmal all meine Erfahrungen ordnen. Für mich ist klar, dass ich wieder eine Führungsposition will. Die Frage ist, welche Gruppe ich führen werde. Es ist nicht möglich, Führungsphilosophien ohne praktische Erfahrung zu vermitteln. Parallel zu meiner Tätigkeit als Hockeycoach habe ich auch in den letzten Jahren Führungsseminare gemacht und ich hatte zuletzt eine Einladung zum WEF in Davos.

Haben Sie Kontakte zu anderen NHL-Organisationen? Ist eine Rückkehr in die NHL denkbar?
Ralph Krueger: "Ich werde mich aktiv nicht um einen Job in der NHL bemühen. Aber vom sportlichen Standpunkt aus gibt es keine größere Herausforderung als die NHL."

Interview: Klaus Zaugg


Notizen

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  • Der ERC Ingolstadt (PENNY DEL) und die Ravensburg Towerstars (DEL2) arbeiten weiterhin zusammen. Die Kooperation besteht seit 2021.
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