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Samstag, 18. November 2017

Ein Erlebnisbericht New York: Sechs Tage, vier Spiele, Euphorie und hochklassiges Eishockey mit Draisaitl, Seidenberg und Co.

Der Videowürfel im Madison Square Garden.
Foto: Nadine Keuthen

Volle Bürgersteige, dampfende Kanaldeckel, blinkende Leuchtreklame und tiefe Häuserschluchten - Willkommen in New York. Neben dem Broadway mit seinen zahlreichen Theatern und Musicals, den High-Fashion-Läden auf der 5th Avenue und unvorstellbaren Essenskreationen an jeder Ecke steht die Stadt auch für eins: Eishockey. Gleich zwei Teams sind in New York zu Hause, die Islanders und die Rangers. Hinzu kommen die New Jersey Devils, deren Spielstätte auch nur etwa eine halbe Stunde von Manhattan entfernt liegt, in Newark. Deshalb fiel die Wahl auch schnell auf die Metropole an der Ostküste, für die mein Programm lautet: 4 Spiele in 6 Tagen. Mehr Eishockey geht kaum.

Noch auf dem Weg vom Flughafen ins Hotel mache ich einen Abstecher in den offiziellen NHL-Store nahe des Time Square. Am Eingang begrüßen Hockeygrößen wie Mario Lemieux und Wayne Gretzky von Plakaten aus den Besucher, der die Auswahl zwischen Trikots jeder Mannschaft, passenden Socken zum passenden Cap und dem Stanley Cup als Popcornmaschine hat. Um alles in dem riesigen Store zu entdecken, braucht man locker zwei Stunden, was ich mir für den letzten Tag meiner Reise vornehme. Den ersten Abend nutze ich, um mich auf das morgige Spiel der Islanders gegen Colorado vorzubereiten, denn im Anschluss werde ich Dennis Seidenberg zum Gespräch treffen.

Die Heimspielstätte der New York Islanders ist seit zwei Jahren das Barclays Center in Brooklyn, ein Stadtteil östlich von Manhattan. Doch so richtig glücklich mit dem neuen Standort sind weder Fans noch Mannschaft. Das Barclays Center liegt nicht nur eine Auto-Stunde von der ursprünglichen Fanbase in Long Island entfernt, sondern wurde ursprünglich auch nicht für Eishockey konzipiert, wodurch man von ca. 3000 Plätzen nur eine eingeschränkte Sicht auf das Spielfeld hat. Und auch die Hallenbetreiber scheinen von ihrer neuen Heimmannschaft nicht sonderlich begeistert zu sein. Da sie sich durch Konzerte und andere Events mehr Einnahmen versprechen wird der Vertrag nach der Saison 2018/19 aufgelöst. Eine Entscheidung, mit der beide Parteien zufriedenen sein werden und eine Rückkehr der Islanders zu ihrem Ursprung auf Long Island sehr wahrscheinlich macht.

Bilder von der NHL-Reise (15 Einträge)

 

Doch noch wird in Brooklyn Hockey gespielt. Bereits um 18 Uhr ist an diesem Tag Anpfiff. Die Islanders schauen vor der Partie auf einen inkonstanten Saisonstart zurück, während Colorado mit einigen Siegen im Rücken nach New York reist. Das Barclays Center mit seinen knapp 16.000 Plätzen ist gut besucht und besonders ein Gruppe von etwa 100 Fans in Schiri-Outfits, die jede Aktion der Unparteiischen lautstark bejubeln, sorgt für eine ausgelassene Stimmung. Wie in vielen NHL Arenen gibt es auch hier noch eine echte Hammond-Orgel. Live gespielt, versteht sich. Und auch die Schiffshörner unter dem Hallendach ertönen oft, denn nach 60 Minuten heißt es 6:4 für die Islanders. Wie in der NHL üblich, werden Interviews direkt nach dem Spiel in der Kabine gegeben, wo auch ich mich mit Dennis Seidenberg treffe, der an diesem Tag mit über 20 Minuten die meiste Eiszeit seiner Mannschaft hatte.

Damit geht mein erstes Spiel in der NHL vorüber, doch schon am nächsten Tag bin ich zu Gast im Sporttempel der Welt. Der Madison Square Garden, der sich inmitten von Manhattan fast schon unscheinbar zwischen den ganzen Wolkenkratzern befindet, ist ein Erlebnis für sich. Bereits 1879 fand die Eröffnung des ersten Gardens in New York statt, damals noch ein paar Blöcke weiter. Seitdem gab es insgesamt vier Neueröffnungen und Umgestaltungen. Der MSG in seiner heutigen Form feiert nächstes Jahr seinen fünfzigsten Geburtstag. Die New York Rangers sind seit ihrer Gründung 1926 im Garden zu Hause und zogen dadurch mit ihm auch einmal um.

An diesem Montag trifft das New Yorker Team auf die Columbo Blue Jackets. Durch den relativ unspektakulären Eingang gelange ich nach den Sicherheitskontrollen, die wie auch in Brooklyn einer Flughafenkontrolle ähneln, in den riesigen Vorraum der Arena. Man wird schon etwas ehrfürchtig, wenn man die zahlreichen Vitrinen betrachtet, in denen die wichtigsten historischen Momente des MSG festgehalten wurden. Sei es "The Fight Of The Century" zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier, das Geburtstagsständchen von Marylin Monroe an den damaligen Präsidenten JF Kennedy oder eine Hommage an "The Great One" Wayne Gretzky, der nach drei Jahren im Rangers-Trikot hier seine Karriere beendete. Der Madison Square Garden ist ein Ort der Geschichte.

Zu den Plätzen gelang man durch schmale Gänge, man muss ein paar Stufen hinauf steigen und dann wird man bei Betreten des Innenraums direkt in den Bann des Gardens gezogen. Die ganze Arena ist oval, selbst die Sitzreihen sind an keiner Stelle gerade und werden durch typisch amerikanische Jahrmarktsmusik und blau-roter Beleuchtung perfekt in Szene gesetzt. Bereits vor dem Einschießen finden sich mehrere hundert Fans direkt hinter der Bande zusammen. Wer denkt, dass sich die rechtmäßigen Platzinhaber darüber ärgern, irrt sich. Hier ist es ganz selbstverständlich den Fans, die mit Plakaten und voller Spannung auf ihre Stars auf Kufen warten, den Platz während des Einschießens frei zu machen. Bis zum Spielbeginn sind so gut wie alle der 18.000 Plätze von Trikotträgern besetzt, die später einen 5:3 Sieg ihrer Rangers feiern können.

Am darauf folgenden Tag mache ich mich bereits morgens auf den Weg nach Brooklyn, um schon beim Morning Skate der Edmonton Oilers dabei zu sein, die am Abend gegen die Islanders auf dem Eis stehen. Außer den Pressevertretern der Oilers und einer Hand voll anderer Journalisten ist das Barclays Center an diesem Morgen leer, lediglich die Anweisungen der Coaches auf dem Eis sind zu hören. Obwohl das Training auf etwa 40 Minuten angesetzt ist, verlassen einige Spieler schon früher das Eis, darunter auch Leon Draisaitl. Mit ihm treffe ich mich in der Kabine zum Interview. Das Formtief der Oilers macht Leon Draisaitl vor allem daran fest, dass die Mannschaft klare Siegchancen vergibt und noch nicht wirklich ihren eigenen Weg gefunden hat. Da über ihn persönlich schon viel berichtet wurde spreche ich mit ihm mehr über das Drumherum. Darüber, dass durch die weiten Entfernungen zwischen den NHL-Standorten ein eigener Mannschaftsflieger Pflicht ist und er am liebsten in Montreal oder Chicago spielt. Besonders freut Draisaitl sich auf sein erstes Spiel in Las Vegas, er ist gespannt ob die Golden Knights ihre Erfolgsserie weiterführen können.

Mit den Oilers ist er insgesamt sechs Tage in New York. Nach dem Spiel gegen die Islanders heißen die Gegner New Jersey Devils und Rangers. Da bleibt für ihn auf jeden Fall Zeit sich New York anzuschauen. Außerdem hat er dort den Vorteil nicht direkt erkannt zu werden. Und auch das Problem der Eisqualität, was in der DEL oft zur Sprache kommt, ist in der NHL ein Thema. Allerdings sind die Unterschiede nicht all zu groß, sodass technisch starke Spieler wie er Probleme haben könnten. Ein Grund dafür ist mit Sicherheit, dass drei Mal im Drittel das Eis von Schnee befreit wird. Auf ein Duell gegen andere Deutsche Spieler freut auch Draisaitl sich immer sehr, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, dass es an diesem Abend ein direktes deutsches Duell geben wird. Durch einen Alleingang steht er Thomas Greiss im Islanders-Tor gegenüber und kann die Oilers mit einem platzierten Schuss durch Greiss Beine mit 1:0 in Führung bringen. Was er dem Keeper nach dem Treffer noch zuruft, bleibt sein Geheimnis. Auch an dem 2:1 Overtimesieg der Oilers ist Draisaitl direkt beteiligt. Denn er ist es, der Connor McDavid einen genialen Rückhandpass zum entschiedenen Tor gibt. Das Star-Duo wird auch beim Spiel in New Jersey zum Gamewinner; dieses Mal darf Draisaitl einen Pass von McDavid zum Overtimetor verwandeln.

Das vierte und damit letzte Spiel dieser Reise findet wieder im Madison Square Garden statt. An diesem Abend spielen die Rangers gegen die Boston Bruins und bilden damit eine Begegnung der "Original Six", denn beide Teams gehören zu den sechs Gründungsmannschaften der NHL. Auch an diesem Abend ist der MSG ausverkauft, darunter auch viele Fans der Boston Bruins. Wie vor jedem Spiel in der Liga wird die amerikanische Nationalhymne gespielt, die durch die Nähe zum Broadway immer ein anderer Musical-Star übernimmt und damit den emotionalen Start in die Partien gibt. Beim vierten Spiel habe ich mich schon längst an die Eisfläche der NHL gewöhnt, die insgesamt über vier Meter schmaler ist als in Europa. Dadurch wird das Spiel schneller, was aber auch an der hinter dem Tor eingerichteten Zone für den Goalie liegt. Diese markiert den Bereich, in dem er den Puck annehmen darf.

Mit Ende des spannenden Spiels, aus dem die Rangers mit einem 4:2 Sieg hervorgehen, geht auch meine Zeit in New York zu Ende. Die National Hockey League, die NHL, verdient ihren Namen als "beste Liga der Welt" ohne jeglichen Zweifel. Es macht einfach nur Spaß so hochklassiges Hockey zu schauen und die Euphorie für diesen Sport in einer Stadt wie New York zu erleben.

Nadine Keuthen


Kurznachrichtenticker

  • vor 7 Stunden
  • Die Selber Wölfe (DEL2) sind nach eigenen Angaben zum wiederholten Male mit einer Geldstrafe bedacht worden. Grund seien Becherwürfe im Heimspiel gegen die Dresdner Eislöwen am Freitag vergangener Woche. Sie sprechen von finanziellem Schaden und beflecktem Image und suchen nach den Werfern.
  • vor 2 Tagen
  • Das DEL-Schiedsgericht hat die Sperre von fünf Spielen inklusive einer Geldstrafe gegen Jakob Weber von den Eisbären Regensburg aufrechterhalten, nachdem Weber Berufung gegen das Urteil eingelegt hatte. Somit ist der Verteidiger nun noch drei weitere Spiele gesperrt.
  • vor 2 Tagen
  • Goalie Timo Herden verlässt die Saale Bulls Halle. Der 29-Jährige kam beim Nord-Oberligisten in den vergangenen beiden Spielzeiten auf insgesamt 89 Einsätze.
  • vor 2 Tagen
  • Sascha Paul wird der neue Nachwuchs-Sportchef und Headcoach für den gesamten Nachwuchs von der U7 bis zur U20 bei den Lindau Islanders (OL Süd). Er war von 2018 bis 2022 bereits Sportlicher Leiter beim EVL und folgt auf Spencer Eckhardt, der als Jugendleiter zu einem höherklassigen Club wechselt.
  • vor 2 Tagen
  • Die NHL-Ergebnisse aus der Nacht zum Dienstag: St. Louis Blues – Vegas Golden Knights 1:2 n.V. (0:1, 0:0, 1:0, 0:1) und Vancouver Canucks – Los Angeles Kings 2:3 (1:1, 0:2, 1:0).
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