Yannic Seidenberg mit seinem Preis bei der Eishockey Gala in Straubing.
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Yannic Seidenberg: Der Ex-Stürmer, der zum besten Verteidiger der Liga reifte, spricht nach seiner Auszeichnung bei der Eishockey Gala in Straubing über seine Umschulung und seine neue Rolle.
Herr Seidenberg, haben Sie sich vor ein drei, vier Jahren erträumen lassen, mal als "Verteidiger des Jahres" in der DEL geehrt zu werden?
Yannic Seidenberg: "Nicht wirklich. Ich habe erst heute mal überlegt, welche Trainer es versucht hatten, mich als Verteidiger einzusetzen. Bei den Jungadlern Mannheim war das Helmut de Raaf, wenn auch zumeist nur im Powerplay. Aber er hat mir das defensive Spiel beigebracht. Danach spielte ich diese Position eine Ewigkeit nicht mehr. Und dann ging es in München unter Pierre Pagé los, der es in der Vorbereitung probierte: Da hat es dann aber zwei-, dreimal für den Gegner geklingelt und ich hatte gar keinen Plan von meiner Aufgabe. (lacht) Im Jahr drauf hatte es Don Jackson dann aufgrund der zahlreichen Verletzten gewagt und nun im vergangenen Sommer war klar, dass die Planung so aussieht. Sowohl ich als auch die Mannschaft wussten nicht wirklich, wie es laufen wird. Dass es so gut läuft, konnte man nicht voraussehen."
Club ist das eine, Nationalteam ist das andere: Wie kam es, dass auch Marco Sturm von Ihrer Umfunktionierung überzeugt war?
Seidenberg: "Wir hatten bereits im vergangenen Sommer darüber gesprochen. Als Marco Sturm davon hörte, dass ich durchgehend als Verteidiger eingesetzt werden sollte, meinte er erstmal: Warten wir ab, wie das läuft. Vielleicht hat er auch damit gerechnet, dass sie mich in München schnell wieder in den Sturm versetzen werden. Als es aber gut lief, rief er mich an, und gab mir Bescheid, dass er mich beim Deutschland Cup als Verteidiger testen wird. Und da habe ich gemerkt, dass ich auch in diesem System mit dieser Position zurechtkomme. Und dann gab es auch keinen Zweifel mehr, dass ich als Verteidiger mit zu Olympia fahren werde.
Verteidiger des Jahres in der DEL - gab es dazu schon einen dummen Spruch von Ihrem Bruder Dennis aus Nordamerika zu hören?
Seidenberg (lacht): "Ich habe heute noch nicht mit ihm gesprochen, deshalb kann ich das noch nicht sagen. Aber lustig war schon, vor kurzem haben wir über die Olympischen Spiele gesprochen - sonst sieht er meine Spiele ja nicht zu oft - und da meinte er: Ich sollte schon noch mehr zusehen, dass der Abstand zwischen mir und den gegnerischen Stürmern nicht so groß ist. Da musste ich etwas schmunzeln. Ansonsten geben wir uns eher selten Tipps, dafür sind wir zu weit voneinander entfernt. Das geschieht dann eher im Sommer."
Diesen Titel konnte er sich zumindest noch nicht sichern
Seidenberg: "Ja, vielleicht kommt er ja nochmal und kann es dann schaffen. Immerhin: Er war letztes Jahr bester Verteidiger der Heim-WM in Köln."
Nun stehen die Playoffs in der DEL an. Wie können Sie und Ihre Mitspieler sich noch motivieren, nach zwei Titeln in Serie?
Seidenberg: "Das ist nicht schwierig. Wir reden oft darüber, dass es kein Limit beim Gewinnen gibt. Das ist Dons Aussage und so hat er uns auch eingestellt. Und nachdem einige von uns erfahren konnten, wie schön es ist, einen Titel zu gewinnen, möchten wir dieses Gefühl nach jeder Saison wieder erleben. Da muss man sich nicht wirklich motivieren."
Ein letzter Rückblick auf Olympia-Silber und die Auswirkungen: Wann haben Sie als Spieler mitbekommen, dass Sie mit ihren Leistungen einen regelrechten Eishockey-Boom ausgelöst hatten?
Seidenberg: "Das war vor dem Halbfinale. Ich hatte mit meiner Frau telefoniert und sie meinte, dass die ganze Nachbarschaft nur noch über Eishockey redet. Davor hatte niemand außer vielleicht zwei Häuser weiter gewusst, dass ich Eishockey spiele. Auf diesem Weg und im Internet auf den Titelseiten hat man das mitbekommen. Realisiert haben wir es aber wohl erst, als der Flieger in Frankfurt gelandet ist und wir dort von so vielen Fans empfangen wurden. Es war schön zu sehen, dass wir so eine Euphorie auslösen konnten."
Interview: Sebastian Groß