Gerade bei der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund sieht DEB-Präsident Franz Reindl noch Potenzial für die Zukunft.
Foto: City-Press
DEB-Präsident Franz Reindl spricht im großen Interview über die Debatte um Mesut Özil, Entwicklungen im Nachwuchs und die Eishallenproblematik in Deutschland.
Herr Reindl, Mesut Özils Rücktritt aus der Fußballnationalmannschaft und sein damit verbundener Rundumschlag gegen DFB-Präsident Reinhard Grindel beschäftigen nicht nur die Sportwelt, sondern die gesamte deutsche Gesellschaft. Wie erleben Sie als Präsident eines anderen deutschen Sportverbandes diese Debatte?
Franz Reindl: "Die Diskussion erschreckt mich. Ich hätte nicht für möglich gehalten, was ein Foto alles auslösen kann. Im Eishockey gibt es schon seit Jahrzehnten Deutsch-Kanadier oder Spieler mit Migrationshintergrund im Nationalteam und es hat noch nie ein Problem gegeben. Beim Eishockey hängt das Thema Integration nicht an der großen Glocke, sondern passiert einfach. Auch wir vom DEB sind in vielen Ländern unterwegs und müssen jetzt, insbesondere die Spieler, natürlich sensibler mit Einladungen umgehen. Bis jetzt war es etwa ganz normal, sich für eine Einladung beim Gastgeber zu bedanken und vielleicht ein kleines Gastgeschenk mitzubringen. Mittlerweile musst du aufpassen, denn es wird eingeordnet, bei wem du dich bedankst. Ich glaube, dass teilweise weit über das Ziel hinausgeschossen wird. Sport und Politik sollten getrennt bleiben, auch wenn das mitunter schwierig umsetzbar ist."
Wie können im Schatten der aktuellen Probleme im Fußball womöglich mehr Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund fur Ihre Sportart Eishockey gewonnen werden? Sie sprachen in diesem Kontext bei der diesjährigen Weltmeisterschaft selbst von brachliegendem Potenzial...
Reindl: "Die Ansätze können nur im Lokalen passieren, in der Zelle der Entwicklung. Und das ist der Verein. Die Vereine vor Ort müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen und tun dies teilweise bereits. Es ist auf alle Fälle Potenzial bei der Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund da. Wir sehen das in vielen Vereinen wie Mannheim, Straubing oder Bad Nauheim, die in sozial schwächere Bereiche gehen und den Jugendlichen dort helfen, aufs Eis zu gehen. Sie werden speziell bei der Organisation und Durchführung von Integration Days durch den DEB unterstützt. Im Übrigen gibt es dieses Potenzial auch im Fraueneishockey, denn die Zuwachsraten im Mädchenbereich sind zwar gut, könnten aber noch viel besser sein."
Was kann und will der Deutsche Eishockey-Bund machen, um den Hype von Olympia in Pyeongchang in die neue Saison mitzunehmen?
Reindl: "Anders als in früheren Jahren, waren wir auf den Erfolg vorbereitet. Die Instrumente für Wachstum sind geschaffen. Die Vereine arbeiten professionell. Wir haben Projekte entwickelt, die dem Eishockeysport helfen, sich weiterzuentwickeln und die Anzahl der Spieler zu erhöhen. Diese Projekte beginnen mit dem POWERPLAY26-Konzept und gehen über das "Wir-sind-Eishockey"-Projekt bis zum Integrationsprojekt. Und der Hype, den die Nationalmannschaft erzeugt hat, hat sich auch bereits in guten Zahlen niedergeschlagen. Bei den Kindern unter zehn Jahren haben wir jetzt fast 15 Prozent mehr Spieler. Für unsere Verhältnisse können wir das als Boom bezeichnen. Es war auch super, wie die Nationalmannschaft und die Spieler aus dem Olympiakader überall empfangen wurden. Wir haben das anhand der Zuschauerzahlen bei den Länderspielen und den Ehrungen bei den Clubs gesehen. Das war für das Eishockey absolut befruchtend und positiv. Jetzt wollen wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern den Schwung in die zukünftige Nachwuchsarbeit weiter mitnehmen."
Interview: Wolfgang Karl/Stefan Wasmer
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