Tobias Rieder
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"Toby Rieder wird am Ende der Saison keinen neuen Vertrag erhalten." Es war nicht nur dieser Satz von Bob Nicholson, dem Präsident der Edmonton Oilers, der Ende vergangener Woche für großes Aufsehen um den deutschen Außenstürmer sorgte. Gegen Ende einer weiteren verkorksten Saison, aller Voraussicht nach ohne Playoffs, müssen sich die Verantwortlichen der Oilers in diesen Tagen bei mehreren Veranstaltungen die Fragen ihrer Dauerkartenbesitzer gefallen lassen.
Auf einem dieser Events wurde Nicholson explizit zu Rieder befragt und gab eine überdeutliche Antwort: "Er war vor der Saison ein Spieler, den viele andere Clubs wollten. Aber er ist zu uns gekommen, um mit seinem Nationalmannschaftskollegen Leon Draisaitl zu spielen, oder eben auch mit Connor (McDavid; d. Red.). Wenn er dann 15, 16 Tore geschossen hätte, hätte er dann statt für zwei Millionen für dreieinhalb Millionen und für mehrere Jahre unterschreiben können. Aber er hat kein einziges Tor geschossen und so viele Breakaways vergeben", so Nicholson weiter - ehe der Satz folgte, der letztlich für den größte Nachhall sorgte: "Wenn er zehn oder zwölf Tore geschossen hätte, wären wir wahrscheinlich in den Playoffs."
In den kanadischen Sportmedien waren Nicholsons Worte sofort Topthema. Die erste Reaktion auf Nicholsons Aussagen folgte prompt von Rieders Agent Darren Ferris, der erklärte, dass er "erstaunt und enttäuscht" darüber sei, dass der Präsident eines NHL-Clubs ein derart "rückgratloses Statement ohne jegliches Fingerspitzengefühl über einen Spieler" abgebe. In der Tat gibt es seit vielen Jahren zahllose Kritikpunkte an der Personalpolitik bei den Oilers, die längst nicht nur auf den Spielerkader, geschweige denn einen einzigen Akteur beschränkt sind. Nicholson erkannte angesichts des medialen Echos selbst offenkundig schnell die Problematik seiner Worte und entschuldigte sich beim Landshuter.
Rieder selbst indes antwortete in klaren Worten; und dies sogar im vereinseigenen TV der Oilers: "Er hat sich bei mir entschuldigt, wobei ich sagen muss, dass ich zu diesem Zeitpunkt das ganze Ausmaß noch gar nicht richtig kannte. Mein Telefon ist regelrecht explodiert. Ich habe mich natürlich angegriffen gefühlt und finde es enttäuschend. Ich weiß, dass er sich wohl schlecht deswegen fühlt. Ich bin natürlich der allererste, der einräumt, dass es kein gutes Jahr war. Aber ich versuche dennoch, jedes Mal 100 Prozent zu geben, wenn ich auf dem Eis bin. Aber es war schon hart zu lesen, dass man selbst als Sündenbock derart herausgehoben wird. Ich weiß, dass ich nicht meinen Fähigkeiten gemäß gespielt habe, aber ich denke, das ging einfach zu weit. Und Bob weiß das, glaube ich, auch", meinte Rieder, dessen Zeit bei den Oilers somit wohl schon in knapp zwei Wochen mit dem Abschluss der Hauptrunde enden wird. Unter alles andere als glücklichen Umständen.
Joachim Meyer