Anthony Cirelli erzielt in Unterzahl den 8:1-Endstand für Kanada - durch die Beine von DEB-Torhüter Niklas Treutle.
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"Ich habe die Mannschaft schlecht vorbereitet. Wir waren nicht hart genug in den Zweikämpfen. Wir haben nicht genug daran geglaubt." Bundestrainer Toni Söderholm nahm die 1:8-Klatsche gegen Kanada am Samstagnachmittag genau wie die über zwei Drittel magere Leistung gegen die Slowakei auf seine Kappe. Doch letztendlich war auch sein Team in der Pflicht - und unter dem Strich nicht bereit für die Qualität der Kanadier. "Sie haben fast nur Superstars im Team - das merkt man schon. Aber es hängt auch davon ab, wie wir selbst spielen. Und wir haben nicht so gut gespielt", bilanzierte Angreifer Lean Bergmann nach der Partie zurecht. Und Markus Eisenschmid brachte aus auf den Punkt: "Das Spiel hat uns gezeigt, dass - wenn wir gegen die großen Mannschaften kurz schlafen - es halt einfach klingelt hinten." Und es klingelte und klingelte - ganze achtmal. "Wir sind eine bessere Mannschaft als es das Ergebnis zeigt. Aber wir haben es eben nicht gezeigt, dass wir es sind", so Eisenschmid weiter.
Die herbe Pleite gegen bärenstarke Kanadier kann der deutschen Auswahl das Viertelfinale und die direkte Olympia-Quali für 2022 nicht mehr wegnehmen, aber sie hat der Mannschaft deutlich den Wind aus den Segeln genommen. "Körperlich waren wir schon alle da, aber vom Kopf her waren wir zu langsam. Das haben die Kanadier eiskalt ausgenutzt", so das Fazit von Yasin Ehliz. "Wir können schon mitspielen, aber in den entscheidenden Situationen muss man halt clever sein, weil es sonst bestraft wird", erklärte der Stürmer des EHC Red Bull München weiter. Sein Team habe "Kleinigkeit um Kleinigkeit falsch gemacht", so Cheftrainer Söderholm. Und daraus schloss er, dass er seine Auswahl nicht genügend gut vorbereitet hatte: "Die Spieler waren im Kollektiv nicht bereit."
Bereit war Torhüter Niklas Treutle schon - nur mangelte es oftmals an der Unterstützung seiner Vorderleute. "Jeder, der das Spiel gesehen hat, hat erkannt: Unser Problem war nicht Niklas Treutle. Ganz im Gegenteil: Er hat uns im Spiel gehalten", fand auch Söderholm. Doch unter dem Dauerdruck der Kanadier war Treutle auch einfach weich geschossen und ließ mehrfach Scheiben unglücklich abprallen. Wäre noch mehr Zeit auf der Uhr gewesen, hätte der Bundestrainer ihn erlöst: "Wir hätte ihn schützen müssen. Aber wir wollten Mathias Niederberger nicht eiskalt mit zehn, zwölf Minuten auf der Uhr rein schmeißen. Das ist auch gefährlich." Und so musste Treutle bis zum Ende durchhalten.
Sicher nicht optimal war aus mentaler Sicht, dass quasi direkt vor der deutschen Partie die Viertelfinalteilnahme durch den 7:1-Sieg der USA über Dänemark schon zementiert wurde. "Vielleicht haben wir auch gedacht, wir stehen schon im Viertelfinale - und deshalb war der letzte Push nicht mehr so da", grübelte auch Söderholm, fügte aber an: "Das ist reine Spekulation." Und auch in der Analyse der Fehler wollte der Finne nach dem deutlichen 1:8 nicht ins Detail gehen: "Es ist nicht so schwer zu sagen, was gegen die USA besser sein muss: Einfach alles."
Sebastian Groß