In keiner Sportart ist die Abhängigkeit von Zuschauern so groß wie im Eishockey. Mit einer Auslastung der Stadion-Kapazität von nur 20 Prozent können die Clubs der PENNY DEL deshalb kaum überleben. Händeringend wird deshalb nach Lösungen gesucht.
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Wie viele Eishockey-Anhänger in Deutschland mache ich mir in diesen Tagen große Sorgen um die Zukunft unserer Sportart. Die Corona-Zahlen steigen weltweit. Diese Entwicklung wird keinen Halt vor den Grenzen unseres Landes machen. Stand heute ist es meiner Meinung nach unrealistisch, davon auszugehen, dass es bis Ende Oktober eine Lockerung der Vorgaben geben wird. Die allgemeine Pandemie-Situation könnte sich eher verschlechtern als verbessern. Aber wenn nicht mehr Zuschauer als die bislang 20 Prozent in die Stadien dürfen, wird die Mehrheit der Clubs nicht spielen können – oder wollen. Es wird möglicherweise gar keine Saison geben. Die verheerenden Folgen für das deutsche Eishockey will ich mir gar nicht ausmalen …
Das deutsche Eishockey hat in den vergangenen Jahrzehnten viele schwierige Phasen durchgestanden. Der Grund dafür ist schnell gefunden: Es sind die vielen treuen Fans, die in diesen dunklen Zeiten wie ein Fels in der Brandung hinter ihren Clubs standen. Aus diesem Fels sind die Steine geschlagen, mit denen das Fundament des deutschen Eishockeys gebaut ist. Wieviel kann es tragen?
Das Folgende ist nur eine Idee mit vielen Unwägbarkeiten. Vielleicht gibt es Argumente, die ein Nach-, ein Weiterdenken schon nach wenigen Augenblicken überflüssig machen. Aber vielleicht bieten diese Gedanken doch den ein oder anderen Ansatz für eine Lösung. Der Schlüssel ist die Telekom und der Fernsehvertrag. Momentan sind alle Spiele der PENNY DEL für einen Monatsbeitrag von rund zehn Euro auf MagentaSport zu verfolgen. Dieses System müsste auf Pay-TV umgestellt werden. Das ist technisch kein Wunderwerk. Über Sky oder Amazon können sich Kunden seit Jahren für einen bestimmten Betrag x-beliebige Filme, auch Live-Events anschauen.
Das sollte dann kommende Saison für jedes Spiel aus der PENNY DEL gelten. Wer also zum Beispiel die Partie Mannheim gegen Berlin sehen will, muss sich ein TV-Ticket für zehn Euro kaufen. Das Geld geht nach Abzug einer Servicegebühr für Telekom direkt an den Club, der Heimrecht hat. Angenommen, etwa 10.000 Zuschauer würden das Spiel buchen, wären das rund 100.000 Euro für Mannheim – abzüglich eines Telekom-Anteils. Wie gesagt, das sind nur fiktive Zahlen. Aber wie auch immer diese Zahlen in der Realität aussehen würden, sie könnten zu einem großen Teil das Loch füllen, das sich nach den offiziellen Vorgaben für die meisten Clubs auftut.
Für die Telekom stünde ein riesiger Imagegewinn zu Buche
Oder nehmen wir das Beispiel Straubing. 20 Prozent der Stadionkapazität bedeutet für die Tigers aktuell etwas mehr als 1.000 Zuschauer. Gaby Sennebogen, die Geschäftsführerin der Tigers, machte in diesen Tagen klar, dass mindestens 40 bis 50 Prozent Auslastung Voraussetzung seien, über einen Saisonstart nachzudenken. Heißt: Mindestens 2.500 bis 3.000 Zuschauer. Angenommen der Durchschnittserlös aus verkauften Steh- und Sitzplatzkarten beträgt, sagen wir mal so um die 20 Euro, fehlen also 25.000 bis 30.000 Euro. Bei unserer Rechnung wäre das durch 3.000 TV-Zuschauer auszugleichen.
Noch einmal: Das sind nur fiktive Zahlen. Die Frage ist, ob die Telekom mitspielt, vielleicht auch, ob sie mitspielen kann, die technischen Voraussetzungen schaffen kann. Finanzielle Aspekte müssten für Europas größtes Telekommunikationsunternehmen in dieser Ausnahmesituation vielleicht in den Hintergrund treten. Zum Ausgleich stünde ein riesiger Image-Gewinn zu Buche. Sie könnte sich an die Fahnen heften, eine ganze Sportart gerettet zu haben.
Wären die Fans bereit, rund zehn Euro pro Partie zu zahlen?
Die Clubs könnten sofort den Saisonstart fest planen. Unabhängig von den Entwicklungen der Pandemie und den damit verbundenen Vorgaben durch die Politik, wäre die Durchführung der Saison zumindest zum Großteil gesichert. Eventuelle Corona-Fälle innerhalb der einzelnen Teams oder örtliche Hotspots bleiben natürlich Risikofaktoren, der nicht auszuschließen sind.
Die große Frage ist, wie die Fans reagieren. Würden sie das Angebot wahrnehmen, wenn gleichzeitig ein Ausgleich für bereits erworbene Dauerkarten gefunden ist? Ich glaube, sie würden es gerne annehmen. Die Saison wäre (fast) gesichert. Es könnte endlich losgehen. Die Fans wüssten, dass sie mit ihrem Geld direkt ihren Club unterstützen. Sie wären wieder einmal der Fels in der Brandung. Das deutsche Eishockey hat keinen größeren.