Das 4 Nations Face-off ist so etwas wie der Vorläufer der Olympischen Spiele 2026 und des World Cup of Hockeys. Dieses Turnier soll 2028 in seine vierte Auflage gehen und danach regelmäßig stattfinden.
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Das „4 Nations Face-off" geht dem Ende zu, doch für eine Nachfolge des Länderturniers mit den Stars aus der NHL ist bereits gesorgt: Die NHL hat die regelmäßige Austragung des World Cups of Hockey ab 2028 verkündet. Dass das Turnier regelmäßig im Februar und auch in Europa stattfinden soll, wird aller Voraussicht nach massiven Einfluss auf das Welteishockey und die IIHF sowie spezifisch auch auf das europäische Eishockey nehmen – terminlich, marketingtechnisch und finanziell. Ein kommentiertes Gedankenspiel aus europäischer Sicht – erschienen in unserer aktuellen Print-Ausgabe, begleitet von einem allgemeinen Bericht zum World Cup of Hockey.
Beispiel Deutschland: Der World Cup of Hockey soll mit acht Nationen stattfinden, der deutsche Markt ist (wie etwa auch für die Basketballliga NBA mit ihren Bestrebungen einer NBA Europe) für die NHL interessant. Deutschland aber stellt nicht ausreichend NHL-Spieler für eine volle Mannschaft, so dass mit Berufungen aus der PENNY DEL zu rechnen ist. Das deutsche Oberhaus, das auf Anfrage zum World Cup of Hockey noch keine Stellung beziehen wollte, müsste eine rund dreiwöchige Pause einlegen und Ligaspiele vielleicht in eine Länderspielpause verschieben.
All das für eine Veranstaltung, von der sie höchstens mit der Perspektive „im Sinne des Eishockeys“ etwas hat – nichts dagegen fällt ab, das für sie wie andere Euro-Ligen finanzielle oder aufmerksamkeitsbezogene Vorteile bringt. Nachteile vielmehr: Sollte sich ein Spieler verletzen, fällt der Spieler in den folgenden DEL-Playoffs aus. Der Club und auch die Liga verlieren dabei, wenn ein Star – und nur die reisen ja zum World Cup of Hockey – ausfällt, weil seine Spielstärke abgeht und die Playoffs zudem ohne sein Gesicht auskommen müssen. Die NHL schneidet damit den Euro-Ligen direkt den Markt ab.
Anfrage bei Denis Vaucher. Der Chef von Hockey Europe, der Union der Euro-Ligen, hält sich zum Thema World Cup bedeckt: „Wir sind in Kontakt über das European Professional Hockey Committee.“ Das ist eine Art Einfluss-Gruppe im Weltverband. „Es sind noch viele Punkte offen, die es zu klären gibt.“
Die Veränderungen am Horizont gehen aber wohl über die Liga-Schiene hinaus. Terminverschiebung und Spielplanverdichtung – Spiele in den eigentlich ich freigeblockten Länderspielpausen oder für die Schweizer NL während des eigentlich sakrosankten Fensters des traditionsreichen Spengler Cups drohen. Auch die „regulären“ Nationalmannschaftstermine müssen in dieser Umverteilung der Bausteine im Spielplan debattiert werden. Das wird für (zusätzliche) Spannungen zwischen Ligen und Verbänden sorgen, deren Interessen noch weiter auseinanderdriften werden.
Und inwiefern sich die Agenda des DEB und anderen europäischen Verbänden aufrecht erhalten lässt, darf bezweifelt werden. Dies zeigte sich rund um das 4 Nations Face-Off, als Nationaltrainer Antti Pennanen vorzeitig von den Beijer Hockey Games in Stockholm aufbrach, um zur finnischen Mannschaft für das Übersee-Turnier zu stoßen. Die Schlussfolgerung daraus ist: Die Euro Hockey Tour etwa steht hinten an und wird durch das Primat eines nordamerikanischen Glitzerturniers abgewertet.
Gleiches gilt für die WM. 2028 findet das A-Turnier in Frankreich statt, wohl ohne die größten Namen aus der NHL, die die Liga und ihre Clubs zuletzt nur spärlich auf die Weltbühne ließen. Bei aller Qualität derer, die kommen, werden die USA und Kanada immer als B-Truppe wahrgenommen. Es gibt Stimmen in der Szene, die lieber gleich eine EM statt WM ausspielten.
Die WM findet künftig nur wenige Wochen nach dem World Cup of Hockey mit all seinen Stars statt. Das Zuschauerinteresse, das die WM zu einem Fest macht, steht auf der Kippe. Das wiederum kann, mit Blick auf Sponsoren und TV-Partner, Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der IIHF nehmen. Dadurch sind in der Folge die nationalen Verbände betroffen, die von der Mittelumverteilung der IIHF profitieren, bald aber mit weniger Geld auskommen müssen. Der Kausalkette nächstes Glied: Die Nachwuchsarbeit, die in vielen Ländern von den nationalen Verbänden angeschoben wird, wird darben. Der Vorsprung der Nordamerikaner auf der Weltebene, er könnte sich weiter vergrößern, zumal ja die Ausbildungsentschädigungen, die die Europäer für einen NHL-Transfer erhalten, nach wie vor eher eine Anerkennung ist.
Der World Cup of Hockey ist an und für sich ein Event, das die Aufmerksamkeit der Welt aufs Eishockey erhöhen kann. Es kann ein Best-on-Best-Turnier werden wie bisher (so die NHL will) Olympia oder früher die WM. Doch zu welchem Preis? Die NHL redet davon, das Welteishockey zu fördern. Tatsächlich handelt sie, wie das aktuelle Beispiel zeigt, selbstbezogen. Es geht um Geld, Strahlkraft, Macht. Da auch die KHL sich fern der IIHF positioniert hat, schwindet die Position der IIHF um Luc Tardif zusehends. All das bringt den Hüter des Puck-Wesens langfristig in Gefahr.
Martin Wimösterer