Die schwedische Nationalmannschaft ist notorisch erfolgreich. Ob bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen, die Tre Kronors sind Medaillenhamster. Die Top-Liga Elitserien war in dieser Saison mit einem Zuschauerschnitt von 6.385 die am besten besuchte in Europa. Schweden ist also ein Eishockeyland! Wirklich? Wer in diesen Tagen in Stockholm weilt, fängt an, diese Einschätzung in Frage zu stellen.
So hat der Verband mit seiner Preispolitik dafür gesorgt, dass die Arenen leer bleiben und steht als Raffzahn in der Kritik. Die WM in Stockholm findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Und die Medien? Alle Spiele werden zwar live im TV übertragen, aber vor dem heutigen Spiel Schwedens gegen die DEB-Auswahl gehören die Schlagzeilen der Print-Presse anderen Themen. Auf den Titelseiten von Aftonbladet und Expressen, der größten Zeitungen des Landes, ist nichts von der WM zu finden.
Selbst im Sportteil muss man lange blättern. Aufmacher ist das Stockholmer Fußball-Derby zwischen AIK und Djurgarden, das vor 27.112 Zuschauern 1:1 endete und mit fünf Seiten bedacht wird. Im Aftonbladet beginnt die großspurig "VM-Extra" genannte Berichterstattung auf der siebten Seite - mit einer Geschichte über die schwedischen Betreuer und einem Blick in die Kabine der Tre Kronors. Infos über die deutsche Mannschaft auf den weiteren zwei Seiten? Die Aufstellung muss reichen. Dazu ein kleiner Text über die Partie Finnland gegen die Schweiz in Helsinki, und schon ist Schluss. Die anderen drei Spiele vom Dienstag finden sich als Kurzstatistik auf der 20. und letzten Seite des Sportteils.
Im Expressen sieht es nicht anders aus. Selbst die englische Premier League interessiert dort mehr. Wer Spektakel möchte, muss in Schweden derzeit zum Fußball. Das ist wohl die größte Überraschung, die diese Eishockey-WM bis zu ihrem Ende zu bieten haben wird.
Torsten Weiß