Jaromir Jagr und Tomas Plekanec (rechts) waren von der Zuschauerkulisse in Prag sehr angetan
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Jaromir Jagr bricht alle Rekorde. Manchmal genügt dazu allein schon seine Anwesenheit. So wie am Dienstag, als wenige Stunden vor der Extraliga-Partie Rytiri Kladno - Kometa Brünn noch nicht klar war, ob der 40-Jährige wegen einer hartnäckigen Muskelverletzung wird auflaufen können. Als dann rund drei Stunden vor Spielbeginn die Meldung durch alle Kanäle sickerte, der NHL-Superstar wird seine Ritter gegen den Vizemeister auf das Eis führen, gab es auch unter den noch unentschlossenen Ticketinhabern kein Halten mehr. Das tschechische Eishockeyidol präsentierte sich seinen Fans, und alle kamen, um ihn und das Topspiel des 15. Spieltags zu sehen. Zum dritten Male hatte Jagr - Mehrheitsaktionär und damit Clubeigner der Ritter - ein Heimspiel seines Teams in die moderne Prager O2-Arena verlegen lassen. Er wurde dafür nun belohnt: Die 17.182 Besucher, die das Duell verfolgten, sind neuer Zuschauerrekord in der Extraliga!
Nach dem Spiel bedankte sich Jagr vor den Medien bei allen Zuschauern für ihr Kommen. Er habe die phantastische Kulisse allerdings nicht richtig auskosten können, weil seine Mannschaft das ganze Spiel über in Rückstand lag, sagte Jagr mit verschmitztem Lächeln. Das Spiel genießen konnten umso mehr die Anhänger des Brünner Teams, die die größte europäische Sporthalle nahezu zur Hälfte füllten und für eine Megastimmung sorgten. Schon nach 55 Sekunden bejubelten sie das Führungstor des Doppel-Torschützen Jakub Svoboda, und bis zur 33. Minute bauten die kompakter und zweikampfhärter agierenden Gäste ihre Führung auf 4:1 aus. Erst sieben Minuten vor Schluss, als Kladno seine Top-Leute bereits unaufhörlich aufs Eis schickte, konnte Jagr zum 2:4-Endstand verkürzen.
Nur einige Kilometer weiter, in der Prager Tipsport Arena, musste auch ein ehemaliger NHL-Teamkollege von Jagr eine Niederlage einstecken: Wayne Simmonds, der 24-jährige Angreifer der Philadelphia Flyers, und sein gleichaltriger Kumpel Chris Stewart gaben ihren Einstand in der Extraliga. Und zwar im Dress der Weißen Tiger beim Spiel Sparta Prag - Liberec, das die Gäste aus der Jeschkenstadt mit 1:3 verloren. Am Sonntag hatten beide noch im Trikot der Crimmitschauer Eispiraten in der 2. Bundesliga gespielt. "Schade, dass wir nicht gepunktet haben. Ich selbst hatte genügend Chancen, um das zu ändern", gab Simmonds zu. Er habe es wohl seinem Flyers-Teamgefährten Jakub Voracek zu verdanken, dass er und Stewart jetzt in Tschechien spielen. Vor zwei Wochen hätten sie Voracek in Prag besucht, wo er (Simmonds) nur angedeutet habe, sich auch ein Engagement in der Extraliga vorstellen zu können. "Das muss sich schnell herumgesprochen haben", flachste Simmonds vor Journalisten. Nach dem missglückten Liga-Debüt in Prag aber weiß der erste dunkelhäutige Spieler der Extraliga auch, dass er sich weiter steigern muss. "Es ist ein Unterschied zur 2. Bundesliga. In der Extraliga sind die Pässe präziser, es wird schneller und sauberer gespielt. Das ist mein erster Eindruck", erklärte Simmonds.
Ihren erneuten Extraliga-Einstand nach sechs bzw. neun Jahren werden am Mittwoch in Budweis die NHL-Profis Martin Hanzal (Phoenix) und Milan Michalek (Ottawa) geben. Beide Südböhmen trainieren schon mehrere Tage beim HC Mountfield mit, ihren ersten Einsatz bei den Moldaustädtern aber hatten sie noch einmal hinausgeschoben. Der Grund dafür war eine direkt an sie gegangene Empfehlung der NHLPA, bis zum möglichen Durchbruch der Verhandlungen mit den NHL-Clubbesitzern keinen unnötig kurzen Spielbetrieb in Europa aufzunehmen. Das war vor einer Woche, als NHLPA-Direktor Donald Fehr ein scheinbar akzeptables Angebot von Seiten der NHL-Bosse erhalten hat. Kurz darauf aber wurde das Kriegsbeil wieder ausgegraben, Hanzal und Michalek aber wollen endlich wieder spielen und fighten. Im Nachholspiel Budweis gegen Litvinov sollen sie die verletzungsbedingten Lücken des Draisaitl-Teams nun schließen.
Lothar Martin