Hannes Süß, 1. Vorsitzender beim EHC Straubing.
Foto: Jürgen Eichbauer
Der EHC Straubing ist Stützpunktverein für das Programm "Integration durch Sport" des Bayerischen Landessportverbandes. Was steckt hinter dieser Aufgabe? Wie kann Eishockey jungen Menschen aus Syrien oder afrikanischen Ländern helfen, sich in ihrer neuen Heimat zurechtzufinden? Wir haben bei Club-Chef Hannes Süß nachgefragt.
Herr Süß, Ihr Club hat seit Anfang 2017 offiziell die Aufgabe, junge Geflüchtete bei der Migration in Deutschland zu unterstützen. Wie kann ein Eishockeyverein Kindern helfen, die Eis nur vom Hörensagen kennen?
Hannes Süß: "Bei dieser Aufgabe geht es in erster Linie darum, junge Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, hier bei uns in ein funktionierendes Vereinsleben zu integrieren und ihnen so ein wenig Halt zu geben. Die Sportart selbst spielt da erst mal keine Rolle."
Die Aufgabe beschäftigt Sie seit eineinhalb Jahren. Wie sind Ihre Erfahrungen? Gibt es erste Erfolge?
Süß: "Man muss unterscheiden. Bei den Menschen aus Syrien oder afrikanischen Ländern gibt es oft große Berührungsängste. Aber die Menschen aus russischen und baltischen Ländern, die Eishockey kennen, kommen oft von sich aus auf uns zu. Im U7- und U9-Bereich wurde anfangs oft russisch oder tschechisch in der Kabine gesprochen. Jetzt laufen die Gespräche auf Deutsch. Das ist, denke ich, ein Erfolg."
Der EHC Straubing ist in Bayern der einzige Stützpunktverein für dieses Projekt. Warum? Würden Sie anderen Clubs raten, sich in dieser Sache zu engagieren?
Süß: "Das ist eine gute Frage! Die müsste eigentlich der EHC Straubing stellen: Warum sind wir der einzige Verein? Sehen Sie, jeder von uns kämpft doch um den Nachwuchs. Warum gehen nicht mehr Vereine auf diese jungen Menschen zu? Ihnen bei der Eingliederung in unsere Gesellschaft zu helfen, ist zudem eine der grundlegenden Aufgaben von Vereinen. Dazu gibt es Fördergelder, und auch der Bundesfreiwilligendienst unterstützt dieses Projekt. Ich kann nur jedem Verein empfehlen, sich hier zu engagieren."
Ihre Aktionen müssen sich auf soziale Aspekte beschränken. In Straubing gibt es nur eine Eisfläche. Um Trainingszeiten muss man sich prügeln ...
Süß: "Das stimmt. Leider ist es so. Wir können nicht einmal unseren eigenen Bedarf decken. Es gibt Clubs in unserem Landkreis, die freuen sich, wenn sie Eiszeiten um 22 Uhr oder noch später bekommen. Das ist traurig."
Es werden jetzt neue Kabinen für den Nachwuchs gebaut. Die Entscheidung für eine zweite Eisfläche steht aber noch aus. Kann die Tatsache, dass der EHC Straubing als Stützpunktverein sogar landesweit soziale Aufgaben übernimmt, ein gewichtiges Argument sein?
Süß: "Sicher ist das ein wichtiger Puzzlestein. Der anstehende Ausbau betrifft ja nicht nur Kabinen. Es geht auch um Betreuungsräume, etwa für Unterricht und Hausaufgaben. Wenn dieses Bauvorhaben abgeschlossen ist, muss die zweite Eisfläche kommen. Es warten noch so viele Aufgaben auf uns, etwa die Arbeit mit Schulen, mit behinderten Menschen - das geht nicht ohne zweite Eisfläche."
Die jungen Tigers sind im Aufwind. Zum ersten Mal in der Geschichte des EHC Straubing spielt mit der Jugend nächste Saison eine Nachwuchsmannschaft in der Bundesliga. Werfen wir mal einen optimistischen Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie Ihren Verein in fünf Jahren?
Süß: "Die Jugend spielt in der Division 1 der Bundesliga, also in der höchsten Klasse. Wir haben dann eine DNL-Mannschaft, die in der Division 2 um den Aufstieg kämpft. Und für die zweite Eisfläche planen wir gerade die Einweihungsfeierlichkeiten. Das wird ein großes Fest!"
Interview: Willi Lüdeking