Colin Furlong, Torhüter des HC Pustertal, schaffte in der vergangenen Saison inklusive Playoffs 13 Shutouts.
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Eine internationale Spielform mit deutschen Teams ist in den vergangenen Tagen und Wochen wieder in den Fokus gerückt, seit in der viertklassigen Regionalliga West die Teilnehmerzahl geschrumpft ist - Soest und Lauterbach zogen ihre Teams zurück, Wiehl und Kassel verzichteten auf den Aufstieg, Frankfurt 1b wollte nicht nachrücken. Aufsteiger in die Oberliga gibt es aus dieser Liga seit Jahren nicht. Nun haben sich die sieben verbliebenen Teams (mit einer Ausnahme) mit Clubs aus Belgien und den Niederlanden aber nicht gleich auf eine komplette internationale Liga geeinigt, sondern auf einen Pokalwettbewerb mit Clubs der BeNe-League. Genannt wird diese Runde Inter-Regio-Cup.
Wie eine multinationale Liga funktioniert, zeigt seit nunmehr drei Jahren das Beispiel Alps Hockey League, zu der sich Clubs aus Italien, Österreich und Slowenien zusammengeschlossen haben. Gerade für die immer wieder mit finanziellen Problemen behaftete italienischen Clubs war die Liga ein Auffangbecken. In der neuen Saison spielen in der Liga insgesamt 18 Clubs - sieben aus Italien, neun aus Österreich und zwei aus Slowenien. Neu sind die Farmteams der EBEL-Clubs Vienna Capitals (Vienna Capitals Silver) und Black Wings Linz (Steel Wings Linz). Anfang Juli zog sich Hockey Milano Rossoblu (der traditionsreiche Standort Mailand erlebte seit 1925 mehr als 30 italienische Meisterschaften in verschiedenen Clubs) nach nur zwölf Monaten in der Liga wieder zurück.
Michael Pohl ist Manager des HC Pustertal.
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Den Werdegang der Liga hat mit Michael Pohl (51) auch ein Deutscher erlebt und mit seinem Club mitgestaltet. Der ehemalige Bundesliga- und DEL-Spieler (u.a. Rosenheim, Ingolstadt, Kaufbeuren) ist seit 2011 in Italien als Coach und Manager tätig, seit 2017 nun beim aktuellen Vizemeister der Alps Hockey League, dem HC Pustertal aus Bruneck. Er kennt Chancen und Probleme, die diese Liga mit sich bringt. Positiv sieht er die gesteigerte Attraktivität für die italienischen Clubs: "Vor allem wenn man bedenkt, dass es in den Jahren vor der Alps ab dem Halbfinale beinahe jedes Jahr die gleichen Konstellationen gab. Hier bietet eine nationenübergreifende Liga deutlich mehr Attraktivität und Spannung." Zweimal kam der Meister bisher aus Italien (2017 Ritten, 2018 Asiago), einmal aus Slowenien (2019 Olimpija Ljubljana).
Doch aktuell sieht Pohl das Projekt zu aufgebläht. "In die Liga zwei weitere Farmteams zu integrieren, ist ein Weg in die falsche Richtung. Natürlich ist das aus Sicht der EBEL-Clubs mehr als nachvollziehbar, aber damit wird vor allem das Image der ,Zweiten Liga' weiter aufpoliert, was eigentlich speziell aus slowenischer und italienischer Sicht zu vermeiden galt!" Denn: Medial wird die Liga oftmals als Zweite Liga hinter der großen, ebenfalls multinationalen EBEL aus Österreich verkauft.
Dies mache sich auch in der Außendarstellung bemerkbar und werde besonders von den italienischen und slowenischen Clubs immer wieder kritisiert: "In ihrer Wahrnehmung und auch bezogen auf das Spielniveau ist die Alps sicher noch etwas unterschätzt, was auch in Gesprächen mit Agenten immer wieder zum Vorschein kommt!" Dabei ist klar, dass die meisten Clubs im Vergleich zu deutschen Clubs zweit- oder drittklassig wären. "Die Top-Vereine wären sicherlich in der DEL2 konkurrenzfähig, im Schnitt wären sie aber auf alle Fälle vergleichbar mit den starken Oberligateams", sagt Pohl.
Probleme brachte das Schneechaos im Winter: Trotz kurzer Entfernungen zwischen den Clubs fielen in Südtirol (wie auch in Bayern) einige Spiele aus, was die Terminplanung durcheinander brachte. Dadurch mussten am Ende die sieben Finalspiele in elf Tagen abgewickelt werden. Weiteres Problem: Viele Spieler sind Amateure und arbeiten selbst noch. Weite Entfernungen (vom österreichischen Feldkirch bis ins slowenische Ljubljana sind es mehr als 600 Kilometer) bringen lange Fahrten mit sich.
Aber Pohl lobt auch, zieht nach drei Jahren eine positive Zwischenbilanz. "Drei Nationen mit den verschiedensten Interessen überhaupt unter einen Hut zu bringen, ist eine enorme Herausforderung und allein der Spielplan mit all seinen nationalen und internationalen Aspekten ist schon ein logistisches Kunststück! Hier leisten die Verantwortlichen eine großartige Arbeit. Dennoch ist es wichtig, konstruktiv zu analysieren und zu kritisieren und entsprechend nachzujustieren."
Die deutschen Clubs können nun in der neuen Saison all diese genannten Punkte testen: Attraktivität der neuen Gegner, Internationalität mit verschiedenen Interessen, längere Anfahrtswege und auch unterschiedliches Spielniveau. Nur die Ratinger Ice Aliens haben eine Teilnahme abgelehnt: Der Pokal haben sportlich einen geringen Wert, zudem könnten die weiten Fahrten in die Niederlande und Belgien mit den Zuschauereinnahmen bei den Heimspielen nicht kompensiert werden, gab der Club als Gründe an.
Die restlichen sechs Teams - Dinslakener Kobras, Hammer Eisbären, Herforder EV, Neusser EV, EG Diez-Limburg und EHC Neuwied - stellen sich der Herausforderung. Der Eishockeyverband NRW (EHV NRW) hat schon einmal angekündigt, das Projekt begutachten zu wollen. Es solle "parallel zur Austragung des Inter-Regio-Cups 2019/2020 weitere Gespräche über eine erweiterte Zusammenarbeit für die kommenden Jahre geben." Heißt: Eine multinationale Liga mit deutschen Teams ist zwar momentan nicht geplant, mit dem Inter-Regio-Cup kann man aber immerhin ein internationales Projekt unter Wettkampfbedingungen testen.
Michael Bauer
Das komplette Interview mit Michael Pohl und einen geschichtlichen Hintergrund mit der Entwicklung der Alps Hockey League lesen Sie in der neuen Ausgabe von Eishockey NEWS