Rückzieher: Statt Oleg Znarok (rechts) wird Alexei Zhamnov (links) neuer Nationalcoach Russlands.
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Chaostage im russischen Eishockey. Am vergangenen Freitag verkündete Verbandspräsident Vladislav Tretiak öffentlich, dass Oleg Znarok die Sbornaja als Chefcoach zu den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking und zur nächsten WM führt. Auch Eishockey NEWS berichtete in der aktuellen Printausgabe darüber. Doch am Dienstag folgte der Rückzieher: Plötzlich ist Znarok nur noch als Berater vorgesehen, neuer Trainer wird stattdessen Alexei Zhamnov (50).
Selten hat ein Verband in so kurzer Zeit seinen Ruf als verlässliche Organisation verspielt. Schließlich war es nicht irgendwer, der die Einigung mit Znarok verkündete, sondern der Präsident höchstpersönlich. Dass Tretiak am Dienstag zu Protokoll gab, dass der Vertrag mit dem Olympiasieger von 2018 noch gar nicht unterschrieben war, macht die Sache nicht besser – sondern schlimmer. Denn offenbar tobt im russischen Eishockey ein Machtkampf um das Sagen bei der Sbornaja. Wer dabei auf welcher Seite steht, ist unklar. Sehr wahrscheinlich spielt auch die Politik eine entscheidende Rolle. Schließlich ist Eishockey in Russland die Sportart Nummer eins, auch Präsident Putin ist auf dem Eis aktiv.
Die am Dienstag veröffentlichten Statements zur Entscheidung für den als Trainer noch sehr unerfahrenen Zhamnov sind weichgespülte PR-Texte. Die eigentlich wichtigen Fragen trauen sich die russischen Journalisten nicht zu stellen. Verteidiger-Legende Slava Fetisov nimmt dagegen auf dem Sportportal championat.ru kein Blatt vor den Mund: „Ich verstehe nicht, was das für ein Trick mit der Ernennung von Oleg Znarok gewesen sein soll. Das ist erstaunlich und sagt viel über die Führung unseres Eishockeys aus. Wir ändern unsere Entscheidung genau so schnell wie wir Handschuhe wechseln“, so Fetisov.
Aller Voraussicht nach ist Zhamnov die Kompromisslösung zwischen Znarok und dem bisherigen Coach Valeri Bragin – der kleinste gemeinsame Nenner sozusagen, auf den sich die Offiziellen einigen konnten.
Wie sich die das Hin und Her auf die sportliche Leistung der Mannschaft auswirkt, bleibt abzuwarten. Auch Zhamnov wird sehr wahrscheinlich langjährige NHL-Größen wie Sergei Zubov oder Sergei Gonchar als Assistenten in Betracht ziehen. Im Vergleich zu anderen Eishockey-Topnationen reist Russland jedoch mit einem geschwächten Trainerteam nach Peking. Denn eigentlich ist es nur die zweite Wahl.
Daniel Keienburg