Richtig zufrieden war im deutschen Lager nach dem Arbeitssieg über China niemand. Doch der Fokus liegt bereits auf dem Duell mit den USA.
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Ein dringend benötigtes Erfolgserlebnis auf der einen Seite, jede Menge Baustellen auf der anderen. Kein Wunder, dass das Fazit von Bundestrainer Toni Söderholm nach dem 3:2-Arbeitssieg über China recht gemischt ausfiel. „Man braucht auch einen Sieg, um in Schwung zu kommen. Egal, wie dieser Sieg zustande kommt“, sagte der Finne zu den wichtigen drei Punkten, stellte aber auch klar: „Es war ein bisschen verkrampft. Es fehlt die gewisse Lockerheit. Wir wollen sehr viel, müssen aber eine Balance finden, um die richtigen Entscheidungen auf dem Eis zu treffen.“ Positiv fiel ihm besonders in der frühen Phase der Begegnung auf, dass seine Mannschaft „agressiver im Kampf um die Scheibe war und teilweise einen guten Rhythmus im Spiel hatte.“ Der Bruch im Spiel der DEB-Auswahl blieb aber natürlich nicht unbemerkt. „Nach dem dritten Tor haben wir die falschen Entscheidungen getroffen und dadurch hat der Gegner Luft und Glauben bekommen“, so Söderholms Erklärung zur holprigen zweiten Hälfte des Spiels seiner Mannschaft.
Ähnlich sahen es seine Spieler: Angreifer Marcel Noebels machte die falschen Entscheidungen auch daran aus, dass die deutsche Auswahl viel zu häufig in Unterzahl agieren musste. „Wir haben eindeutig zu viele Strafzeiten genommen und schon im zweiten Drittel Glück gehabt, dass wir nicht schon früher ein Tor kassiert haben“, so der Spieler des Jahres in der PENNY DEL in den letzten beiden Spielzeiten. „Wir müssen lernen, konstant zu bleiben und das Spiel zu Ende zu bringen. Wir müssen die Laufbereitschaft in allen drei Dritteln haben“, mahnte der Eisbären-Profi auch mit Blick auf das dritte deutsche Gruppenspiel am Sonntagnachmittag (14:10 Uhr deutscher Zeit) gegen die bisher ungeschlagenen US-Amerikaner.
Am Ende ließ sich aus deutscher Sicht im Duell mit dem Eishockeyzwerg China in Noebels Worten festhalten: „Wir sind noch einmal davongekommen.“ Hätte man den Sieg aus der Hand gegeben, hätte man sich zudem an die eigene Nase fassen müssen. „Wir haben die Chinesen ins Spiel zurückgelassen, was unnötig war“, so DEB-Kapitän Moritz Müller. „Wir sind zu locker und zu leichtsinnig geworden – das hätte auch schief gehen können.“
Damit es am Sonntag im Duell mit den starken US-Boys (4:2 über Kanada, 8:0 über China) nicht schief geht, bedarf es in einigen Bereichen einer deutlichen Steigerung. „Das ist eine sehr starke Mannschaft, die schlittschuhläuferisch sehr agil ist und schnörkellos nach vorne spielt“, so die Einschätzung des ehemaligen NHL-Verteidigers Korbinian Holzer zum Team USA. „Das wird eine Riesen-Herausforderung. Wir müssen zwei, drei Schippen drauflegen“, so Holzer weiter.
Und sein Trainer ergänzte: „Wir müssen noch geradliniger spielen – das haben wir schon diskutiert. Was die Kleinigkeiten und die Defensive angeht, werden wir viel mehr gefordert werden.“ Noch immer ist die DEB-Auswahl nicht so ganz auf der kleinen Eisfläche angekommen. „Wir müssen bessere Entscheidungen treffen, wo wir auf dem Eis stehen. Wir können nicht so viel spekulieren“, weiß auch Söderholm um eine der großen Problemstellen. Auch eine Umstellung der Offensivreihen ist vor dem dritten Turnierspiel der Deutschen deshalb nicht ausgeschlossen. „Wir werden das überlegen“, bestätigte der Finne.
Sebastian Groß