Die Dancing Ekholms mit zwei weiteren Fans der Edmonton Oilers vor Spiel 3 der Finalserie.
Foto: IMAGO/USA Today Network/Walter Tychnowicz
Stolz verkündeten die NHL und ihre TV-Partner in der vergangenen Woche eine Steigerung der TV-Ratings während der Stanley-Cup-Finalspiele: In Spiel Eins seien die Quoten um 43 Prozent im Vergleich zur letzten Saison gestiegen. In Spiel 2 im nationalen US-TV-Markt sogar um 61 Prozent. Die ersten beiden Finalspiele erreichten insgesamt 7,1 Millionen Zuschauer in den USA und Kanada zusammen.
Was sich nach einem großen Erfolg anhört, muss jedoch relativiert werden: 2023 war die Finalpaarung nämlich ein Horrorszenario aus vermarktungstechnischer Sicht für die TV-Partner der NHL: Mit dem „Süd-Gipfel“ zwischen den Vegas Golden Knights und den Florida Panthers verlor man viele Fans außerhalb der Golden Knights- und Panthers-Communities. Das Interesse für die Finalspiele beschränkte sich auf die Kernzielgruppe der NHL-Fans (immerhin noch viele in Kanada, aber auch da abnehmend) und die ohnehin schon limitierten regionalen Fangemeinschaften in Las Vegas und Südflorida. Insgesamt gesehen waren die TV-Quoten vergleichbar mit jenen aus den 2010er und 2020er Jahren. Immerhin hat man im NHL-Mikrokosmos Südfloridas eine Steigerung der Quoten erreicht im Vergleich zur Finalteilnahme im Vorjahr. Ein kleiner Achtungserfolg in einem Markt, wo Eishockey trotz der Erfolge der Panthers in den letzten Jahren nach wie vor ein Schattendasein fristet.
Die Teilnahme der Edmonton Oilers am Finale hatte insbesondere in Kanada eine Auswirkung auf die Quoten. Die Medien überschlugen sich mit ihren Kampagnen nach dem Motto „Team up for the Cup“, wonach alle kanadischen Eishockeyfans ihre Rivalitäten über Bord werfen und jeweils das kanadische Team supporten sollten. Das hat dafür gesorgt, dass die Quoten etwas stiegen. Dennoch sind nicht alle Hockeyfans in Kanada so uneingeschränkt wie erwartet diesem Motto gefolgt. Es gab auch dieses Jahr in manchen Regionen kein so hohes Interesse an den Finalspielen. Die Oilers haben in Kanada nicht annähernd eine vergleichbare Fangemeinde wie beispielsweise ihre kanadischen Rivalen Toronto Maple Leafs und Montreal Canadiens oder mit Abstrichen die Vancouver Canucks.
Dennoch weckte die Finalpaarung der großen Gegensätze (geografisch wie auch in sonstigen Aspekten) ein gewisses Interesse. Ein Wermutstropfen allerdings ist, dass für viele junge Eishockeyinteressierte in den USA, welche die glorreichen Zeiten der Oilers in den 80er und 90er Jahren nicht miterlebten, die Region Edmonton sozusagen „out of nowhere“ ist und keinerlei emotionale Bindung besteht. Nicht einmal die herausragenden Spieler des Teams vermögen dies auszugleichen, weil diese in den USA außerhalb der Eishockey-Community nicht einmal bekannt sind. Erinnerungen an den großen Wayne-Gretzky-Trade von Edmonton zu den L.A. Kings 1988 werden wach. Erst als dieser in L.A. Und später bei den New York Rangers spielte, wurde er bei einem breiten US-Publikum wirklich zu einer Ikone.
Joel Wüthrich